Neuanfang statt goldener Uhr zum Mitarbeiterjubiläum: Umfragen zufolge denken zwei Drittel der Arbeitnehmer in Deutschland ernsthaft über einen Arbeitsplatzwechsel nach. Einen Auslöser für den Wunsch nach beruflichem Neufanfang sehen Fachleute in den Erfahrungen von Arbeitnehmern während der Corona-Pandemie.
Ob bessere Work-Life-Balance, flexiblere Arbeitsmöglichkeiten oder mehr Anerkennung: Durch die Pandemie haben viele Menschen erlebt, dass es auch anders geht – und Mut zur Veränderung gefasst. Damit aus der Lust auf berufliche Veränderung kein Frust wird, sollten Wechselwillige ein paar Dinge beachten.
Vor dem Jobwechsel: persönliche Ziele klären
Wer sich freiwillig für einen Arbeitsplatzwechsel entscheidet, verknüpft damit in der Regel Verbesserungswünsche oder einen Karrierebooster. Je klarer Sie sich über Ihre Wechselmotive und Erwartungen an einen neuen Job sind, desto gezielter können Sie den Neustart gestalten.
Spannend: Offenbar nutzte eine beachtliche Anzahl an Beschäftigten in Deutschland die Corona-Monate für eine intensive Selbstreflexion. Bei einer Erhebung des Personaldienstleisters Randstad sagten 66 Prozent der Befragten, dass sie ihre beruflichen Ziele seit der Pandemie klarer sehen. Machen Sie sich keine Sorgen, falls Sie (noch) nicht zu dieser Gruppe zählen – Sie müssen Ihren Wechselwunsch nicht begraben.
Viel wichtiger: Gehen Sie den Ursachen weiter auf den Grund!
Berufliche Veränderung gewünscht? Diese Fragen schaffen Klarheit:
- Sind Sie mit der Arbeitsatmosphäre zufrieden?
- Stimmt das Gehalt?
- Fühlen Sie sich von den Aufgaben im Job angemessen gefordert?
- Bleibt genug Zeit für Familie, Freunde und Freizeit?
- Wie sicher ist Ihr Job?
- Welche Aufstiegsperspektiven bietet Ihnen der Job?
- Erfahren Sie Wertschätzung und Anerkennung für Ihre Leistung?
- Passen die Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten (noch) zu Ihren Wünschen?
- Wie steht es mit Sozialleistungen?
Beruflicher Neuanfang braucht Orientierung
Stehen die Zeichen tatsächlich auf Wechsel, gehen Sie am besten mit einem gut durchdachten Plan an den Start. Ein Knackpunkt dabei: Klären Sie unbedingt, ob Sie sich innerhalb Ihres bestehenden Berufsfeldes verändern möchten oder ganz neue Wege gehen wollen.
Petra Timm, Pressesprecherin von Randstad Deutschland, kennt sich mit dem Thema beruflicher Neuanfang bestens aus. Sie weiß: Eine Neuorientierung im Beruf erfordert eine eigene Strategie. „Wer das Berufsfeld wechselt, fängt zwar nicht bei Null an. Bewerber bringen etwa ihr Know-How sowie Perspektiven und Problemlösungsstrategien mit, von denen der neue Arbeitgeber profitiert. Allerdings brauchen Branchenfremde für den erfolgreichen Einstieg in die neue Karriere häufig deutlich mehr Orientierung“, so Timm.
Gut zu wissen: Personaldienstleister bieten Menschen auf der Suche nach einem beruflichen Neuanfang viele Möglichkeiten, neue Berufsfelder kennenzulernen.
1. Verschiedene Unternehmen – breites Fachwissen
Als Angestellter bei einem Personaldienstleister steht Ihnen eine große Auswahl an Stellen in verschiedenen Branchen offen – ein Angebot, dass Ihnen auf dem Arbeitsmarkt in dieser Form nicht zugänglich ist. Sie sammeln Erfahrungen, ohne ständig neue Arbeitgeber suchen zu müssen.
2. Soziale Absicherung
Wie jeder Arbeitgeber auch zahlen Personaldienstleister ihren Angestellten ein festes Gehalt, in der Regel den Tariflohn. Sie erhalten zudem dieselben Sozialleistungen wie jeder sozialversicherungspflichtig angestellte Arbeitnehmer.
3. Sinnvolle Weiterbildung
Seriöse Zeitarbeitsfirmen investieren in die berufliche Qualifizierung ihrer Mitarbeitenden. Als Angestellter profitieren Sie von Weiterbildungsangeboten und Fortbildungsprogrammen.
Jobwechsel: groß, mittel, klein
Ob radikaler Jobwechsel oder neuer Arbeitgeber in vertrauter Branche: Wenn Sie sich beruflich verändern möchten, lohnt sich auch die Frage nach der Unternehmensgröße. Vor allem, wenn Ihnen angenehme Arbeitsatmosphäre, hohe Jobsicherheit und eine funktionierende Work-Life-Balance am Herzen liegen, könnte ein neuer Job bei einem kleinen bis mittelständischen Unternehmen attraktiv sein.
„Etwa jeder dritte Arbeitnehmer in Deutschland möchte am liebsten im Mittelstand arbeiten“, beobachtet Petra Timm. Bewerber müssen sich keine Sorgen machen, dass sie bei mittelständischen Unternehmen auf muffig-antiquierte Strukturen stoßen. „Kleine und mittelständische Unternehmen haben ihre Hausaufgaben gemacht. Angesichts des Fachkräftemangels müssen sie für gut ausgebildete Bewerber attraktiver werden – und schaffen das auch“, so Timm. Es wundert sie daher nicht, dass wechselwillige Arbeitnehmer ihren beruflichen Neuanfang zunehmend in kleinen bis mittleren Unternehmen starten.
Natürlich sind nicht alle, die ihren Arbeitsplatz wechseln möchten, im Mittelstand gut aufgehoben. Wünschen Sie sich internationales Arbeiten, Topgehälter und breite Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb eines Unternehmens, spricht dies eher für den Jobwechsel in einen Konzern.
Ein Jobwechsel ist Ihnen zu riskant? Womöglich können Sie sich am alten Arbeitsplatz mehr entlasten:
- Stimmt es zwischenmenschlich nicht mehr? Vielleicht hilft eine Supervision, ein Coaching oder eine Teamentwicklung. Sprechen Sie diese Möglichkeiten mit Kollegen und Vorgesetzten ganz offen an.
- Setzt Ihnen ein langer Pendelweg zur Arbeit zu? Besprechen Sie, ob Sie vermehrt im Homeoffice arbeiten können.
- Machen Ihnen die Arbeitszeiten zu schaffen? Klären Sie, ob flexiblere Arbeitszeitmodelle möglich sind – oder Sie Stunden reduzieren können.
- Die Arbeitsaufgaben passen nicht mehr zu Ihnen? Vielleicht können Sie – zumindest teilweise – ungeliebte Tätigkeiten abgeben und andere Aufgaben im Unternehmen übernehmen.
Endlich ein neuer Job? Kommen Sie gut rein!
Die neue Chefin hat Ihnen den neuen Job zugesagt? Dann erst einmal herzlichen Glückwunsch!
Nun geht es daran, dass Sie sich aus Ihrem alten Job professionell verabschieden. Womöglich drängt es Sie, gleich klare Verhältnisse zu schaffen und die Kündigung einzureichen. Das ist fair gedacht – allerdings sollten Sie damit warten, bis Sie den neuen Arbeitsvertrag erhalten haben, prüfen konnten und mit allen Unterschriften in den Händen halten. Dahinter stecken keine böswilligen Unterstellungen gegen neue Arbeitgeber.
Es kommt immer wieder vor, dass aus ganz unterschiedlichen Gründen die vereinbarte Zusammenarbeit endet, eher sie überhaupt begonnen hat. Liegt der unterschriebene Vertrag in der Schublade, steht der Kündigung nichts mehr im Wege. Eine sachlich-freundliche Haltung lohnt sich dabei unbedingt, auch wenn Unzufriedenheit oder handfeste Konflikte dem Jobwechsel zugrunde liegen.
Zum einen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Sie ein angemessen positives Zeugnis ohne Streitereien erhalten. Zum anderen sind viele Branchen überraschend übersichtlich und zukünftige Berührungspunkte mit dem alten Arbeitgeber entsprechend wahrscheinlich.
Übrigens: Auch auf den allerletzten Metern im alten Job können Sie mit einer gut strukturierten, vollständigen Übergabe einen guten Eindruck machen. Ihre alten Kollegen und Vorgesetzten werden es Ihnen danken – und Sie können ohne Altlasten und innerlich aufgeräumt in Ihren neuen Job starten!
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