Job und Privatleben unter einen Hut zu bekommen, fällt vielen Frauen nicht leicht. Die Doppelbelastung zehrt an den Nerven. Doch auch Männer stoßen an ihre Grenzen. Eine partnerschaftliche Rollenverteilung ist beruflich bedingt oft erschwert. Das Ergebnis? Unzufriedenheit und Dauerstress. 

Glückliche Eltern sind mit ihren Kindern in der ordentlichen Küche.
Mami verwöhnt entspannt die süßen Kleinen und auch Papi ist glücklich dabei in der blitzblanken Küche. Diese Momente gibt es in der Realität nur kurz. Berufstätige Eltern wissen: Danach bricht das tägliche Chaos wieder aus.  

Dabei gibt es Wege, wie Eltern Beruf und Familie vereinbaren können. Möglichkeiten und Strategien gegen den Stress beleuchtet dieser Artikel. 

In der Werbung sieht es spielend einfach aus: Perfekt gestylte Eltern sitzen tiefenentspannt mit ihren glücklichen Kindern in der Küche. Auf dem Tisch steht gesundes, selbstgekochtes Essen. Die Wohnung erstrahlt in sauberem Glanz.  

Die Realität mit (kleinen) Kindern sieht häufig anders aus. Oft herrscht im Alltag Chaos pur.  

Die häufigsten Stressfaktoren für berufstätige Eltern 

Laut einer repräsentativen Umfrage der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) und Forsa stehen 40 Prozent der berufstätigen Mütter und Väter unter Dauerstress. Die Hälfte der Befragten sieht die hohen eigenen Ansprüche als Stressursache Nummer eins. Berufstätige Eltern versuchen, es allen Parteien rechtzumachen: Kindern, Partnern und Arbeitgebern. Zu Hause kämpfen sie darum, ihrer Familie ein perfektes häusliches Umfeld zu bieten. Am Arbeitsplatz treiben sie sich zu Höchstleistungen an. 21 Prozent der Befragten sehen sich unter gesellschaftlichem Druck. 

Berufstätige Mutter arbeitet am PC, ihre Tochter malt daneben.
Berufstätige Eltern müssen flexibel sein, wenn die Kinderbetreuung oder der Schulunterricht kurzfristig ausfällt. Arbeitgeber, die dafür Verständnis zeigen, punkten im Wettkampf um die rarer werdenden Fachkräfte.  
  • Die immense Belastung hinterlässt Spuren:  Knapp 80 Prozent der gestressten Eltern leiden regelmäßig unter Erschöpfung bis zum Burnout.  
  • 77 Prozent erleben Nervosität und Gereiztheit. 
  • Beinahe ebenso viele Befragte berichten von Müdigkeit und Schlafstörungen.  
  • Jeweils knapp 50 Prozent leiden unter Kopf- und Rückenschmerzen. 
  • 31 Prozent nennen Depressionen und 13 Prozent Angstzustände als Folgen. 

Das sind alarmierende Zahlen. Arbeitgeber sind auf qualifizierte Fachkräfte angewiesen. 44 Prozent der Eltern wünschen sich familienfreundliche Arbeitsmodelle und flexible Arbeitsbedingungen. 39 Prozent vermissen die Anerkennung Ihres Arbeitgebers.  

Laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wissen mehr als 86 Prozent der Arbeitgeber, dass Familienfreundlichkeit für Arbeitnehmer einen hohen Stellenwert besitzt. Viele Beschäftigte können sich sogar einen Jobwechsel vorstellen, wenn das zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie führt. Für über 90 Prozent ist Familienfreundlichkeit ebenso wichtig oder sogar wichtiger als das Gehalt.  

Was sind Stressfaktoren? 

Stressfaktoren sind innere und äußeren Reize, die eine Stressreaktion im Körper hervorrufen. Menschen sind permanent unterschiedlichen Sinneseindrücken ausgesetzt. Ununterbrochen prasseln Geräusche, Gerüche und visuelle Eindrücke auf uns ein. Stress oder nicht? Unsere subjektive Bewertung entscheidet darüber, ob wir diese Reize als positiv oder negativ einordnen. Wie die Zuschreibung ausfällt, hängt von unserer persönlichen Einstellung, aber auch von erlernten Verhaltensmustern und Gefühlen ab. Sogar genetische Komponenten sind daran beteiligt.  

Der Signalton Ihres Handys kann in Ihnen positive oder negative Gefühle auslösen. Vielleicht erwarten Sie eine Nachricht von einem Menschen, der Ihnen am Herzen liegt. In dem Fall fällt Ihre Reaktion vermutlich freudig aus. Der Ton der eingehenden Message kann für Sie aber ebenso Stress pur bedeuten, etwa, wenn Sie sich gerade im Bereitschaftsdienst befinden.  

Wie reagieren Menschen auf Stress? 

Stress versetzt uns in Alarmbereitschaft: Die Atem- und Pulsfrequenz steigt, die Muskeln spannen sich an und das Adrenalin schießt durch den Körper. Jetzt sind körperliche Höchstleistungen möglich! Dabei handelt es sich ursprünglich um einen Schutzmechanismus. Bei der Begegnung mit einem Säbelzahntiger hätte uns diese körperliche Reaktion die Kraft zum Angriff oder zur Flucht verliehen. In der modernen westlichen Welt befinden wir uns allerdings bei Stress nicht in akuter Lebensgefahr.  

Trotzdem passiert körperlich dasselbe. Es spielt keine Rolle, ob Sie vor einem aggressiven Raubtier stehen oder in finanziellen Schwierigkeiten stecken.  

  • Am Arbeitsplatz entsteht Stress unter anderem durch: Zeitdruck,  
  • Konkurrenzkampf,  
  • zu eng gesetzte Deadlines, 
  • eine zu hohe Arbeitsbelastung und 
  • die permanente Erreichbarkeit durch Smartphone und E-Mail 

Die Stressenergie wird jedoch häufig nicht körperlich abgebaut. Ideal wären beispielsweise sportliche Betätigung oder Entspannungsübungen. Berufstätige Eltern fallen abends häufig einfach erschöpft ins Bett. Auch im Schlaf werden Stresshormone abgebaut. Es passiert allerdings langsamer. Das kann sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Vor allem, wenn es sich bei der intensiven Belastung um einen Dauerzustand handelt. 

Warum Stress krank macht 

Stress löst vielfältige psychosomatische Symptome aus. Vielleicht fangen Sie als Reaktion auf die ständige Anspannung an, ungewöhnlich viel zu essen. Oder Sie greifen immer häufiger zur Zigarette. Auch Alkohol und der Gebrauch illegaler Drogen sind häufig fehlgeleitete Versuche, mit der Dauerbelastung umzugehen. 

  • Weitere gesundheitliche Probleme sind: Rückenschmerzen, Nackenbeschwerden und weitere muskuläre Verspannungen, 
  • Nervosität und Gereiztheit, 
  • Spannungskopfschmerzen und Migräne, 
  • Tinnitus, 
  • Magen- und Darmbeschwerden, 
  • psychische Probleme wie Ängste, Panikattacken, Depressionen und Burnout, 
  • Verkalkung der Herzkranzgefäße, was schlimmstenfalls zu einem Herzinfarkt führen kann. 

Strategien gegen Stress: Familie und Beruf smart organisieren

Die Lösung liegt nicht allein darin, Stress im Privatleben abzubauen. Das gehört zwar dazu und kann zu einer Entspannung der Gesamtsituation beitragen. Aber mindestens ebenso wichtig ist es, eine generelle Vereinbarkeit von Familienleben und Beruf sicherzustellen. 

Das kann bedeuten, die Vollzeitstelle in eine Teilzeitstelle zu verwandeln. „Allerdings heißt weniger Arbeiten nicht unbedingt weniger Stress“, warnt Petra Timm, Pressesprecherin von Randstad. Wichtig sei vor allem, das Arbeitsleben und das Privatleben gut zu organisieren. 

Gestresste Mutter versucht Ihr Familienleben mit Ihrem Beruf abzustimmen.
Ständige Erreichbarkeit durch Smartphone und E-Mail erhöht den Stresslevel berufstätiger Eltern deutlich.

Hilfreich seien flexible Arbeitszeitstrukturen. „Wer sich die Arbeit so organisieren kann, dass dabei ein freier Tag pro Woche entsteht, arbeitet nicht zwangsläufig weniger, aber smarter“, erklärt Timm. Auch die Arbeit im Home-Office kann zur Entlastung berufstätiger Eltern beitragen. 

Die ideale Work-Life-Balance besteht für Berufstätige mit Familie auch nicht zwangsläufig in einer 50:50-Aufteilung von Beruf und Privatleben, so Timm. „Für manche Menschen ist beispielsweise 70:30 ideal“. Wichtig ist eine offene Kommunikation mit dem Arbeitgeber. Oft sind Anpassungen an die private Situation problemlos möglich.  

5 leicht umsetzbare Tipps für gestresste, berufstätige Eltern  

Trotzdem gibt es im Privatbereich Strategien, die Sie gegen Stress und Überforderung anwenden können. Häufig ist der Druck selbstgemacht. Mit einer entspannteren Grundhaltung bringen Sie bereits mehr Leichtigkeit in Ihren Alltag. 

1. Verabschieden Sie sich von übertriebenem Perfektionismus 

In stressigen Zeiten gelingt es niemandem, alles hundertprozentig perfekt zu machen. Auch wenn Sie immer Ihr Bestes geben, bleiben Sie entspannt: Schlimmstenfalls steht das Essen eben mit etwas Verspätung auf dem Tisch. In Ausnahmefällen darf das Gericht vielleicht auch mal aus einer Tiefkühlpizza, Würstchen oder Pommes frites bestehen. Der Großputz lässt sich möglicherweise auf einen anderen, ruhigeren Tag verschieben. So lange Küche und Bad sauber sind und eine gewisse Grundordnung in der Wohnung herrscht, ist das alles kein Problem. 

2. Überfrachten Sie Ihren Familienkalender nicht 

Ein zu eng getakteter Terminkalender bedeutet Stress für alle. Job und Haushalt unter einen Hut zu bekommen, ist häufig bereits herausfordernd genug. Bei berufstätigen Eltern kommen die Termine und Verpflichtungen der Kinder noch obendrauf: Hausaufgaben betreuen, den Nachwuchs zum Babyschwimmen, zur Musikschule, zum Ballett, zu Freunden oder zum Verein fahren, vielleicht noch einen Besuch beim Kinderarzt oder einen Einkauf im Supermarkt dazwischenschieben… Diese Hektik geht an die Substanz. 

Selbstverständlich ist es wichtig, die Talente und Interessen Ihrer Kinder zu fördern. Aber vielleicht können Sie eine Fahrgemeinschaft mit anderen Eltern organisieren. Ist Ihr Nachwuchs eventuell bereits etwas älter? Es fördert die Selbstständigkeit, wenn Kinder und Jugendliche Wege mit dem Fahrrad, dem Bus oder dem Zug zurücklegen.  

Dazu kommt: Weniger ist manchmal mehr. Den meisten Kindern bedeutet ein ruhiges, zufriedenes Zuhause mehr als die Hetze von einer Aktivität zur nächsten. Wie wäre es mit einem Spieleabend in den eigenen vier Wänden? Beschränken Sie Termine und Aktivitäten auf das, was wirklich gewollt und nötig ist. 

3. Aktivieren Sie Ihr soziales Netz 

Egal, ob Sie Vollzeit berufstätig sind oder nicht: Sie brauchen die Kinderbetreuung nicht komplett allein übernehmen. Bitten Sie Ihr soziales Umfeld um Unterstützung: Großeltern, andere Verwandte und Freunde sind oft bereit, als Babysitter einzuspringen. Sie übernehmen eventuell bereitwillig den einen oder anderen Fahrdienst und freuen sich über die Gesellschaft ihrer Enkelkinder. Während die Kleinen Oma und Opa übers Wochenende besuchen, haben Sie Zeit für sich und können selbst zur Ruhe kommen. 

4. Verbringen Sie exklusive Zeit mit Ihrem Partner 

Die Paarbeziehung der Eltern gerät häufig in den Hintergrund. Das Privatleben dreht sich vor allem um den Nachwuchs. Lassen Sie nicht zu, dass der Alltag Sie einholt. Gönnen Sie sich in regelmäßigen Abständen gemeinsame Auszeiten: Verbringen Sie ein Wellness-Wochenende in einem Hotel. Gehen Sie ins Kino. Oder nehmen Sie sich Zeit für einen ausgedehnten Spaziergang.  

Eine starke Beziehung macht es Ihnen möglich, sich mit voller Kraft und Energie um Ihre Arbeit und Ihre Kinder zu kümmern.  

5. Setzen Sie Prioritäten 

Das wichtigste im Leben sind die Beziehungen zu den Menschen, die wir lieben. Verbringen Sie Zeit mit ihren Kindern und mit Ihrem Partner. Das ist das, was wirklich zählt. Schaffen Sie gemeinsame Erinnerungen beim Spielen, bei Ausflügen oder Waldspaziergängen. All das ist weitaus wichtiger als ein perfekt geputztes Wohnzimmer. Verlorene Zeit lässt sich nicht zurückholen. 

Fazit 

Es bleibt ein Frauenproblem, doch auch Männer leiden unter der Schwierigkeit, Job und Familie unter einen Hut zu bringen. Was zur Lösung des Problems beitragen kann, sind flexible Arbeitszeiten. Aus Sicht vieler Beschäftigter ist das der Dreh- und Angelpunkt für eine gelungene Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es kommt nicht unbedingt darauf an, die Arbeitszeit zu reduzieren. Wichtiger sind eine durchdachte Organisation und eine offene Kommunikation mit dem Arbeitgeber.  

Allerdings ist es für berufstätige Eltern auch wichtig, sich aus der Perfektionismus-Falle zu befreien. Es ist nicht möglich, immer 100 Prozent zu geben und überhöhte Ansprüche an sich selbst machen eine ohnehin schon anstrengende Situation noch schlimmer. Mit einer entspannteren Grundhaltung verschwinden viele Stressoren von selbst. 

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