Wie Unternehmen und Mitarbeitende gemeinsam für ein gesundes Arbeitsumfeld sorgen können
Die moderne Arbeitswelt ist von ständigen Veränderungen und neuen Herausforderungen geprägt. Fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung, ständige Erreichbarkeit, hohe Arbeitsanforderungen, schlechte Balance zwischen Arbeits- und Privatleben – die psychische Belastung kann für Arbeitnehmer:innen und Unternehmer:innen je nach Branche aus ganz unterschiedlichen Ursachen steigen. Das Thema psychische Gesundheit am Arbeitsplatz gewinnt aktuell immer mehr an Relevanz. Es beeinflusst sowohl das individuelle Wohlbefinden der Arbeitnehmenden als auch die Produktivität und den Erfolg eines Unternehmens.
Immer mehr Menschen werden vom alltäglichen Arbeitsstress und Druck überwältigt. Viele von uns kennen bereits jemanden, der an Burnout leidet. Die Betroffenen sind total erschöpft und ausgebrannt durch langanhaltende Belastungen im Alltag. Doch Burnout ist nur die Spitze des Eisbergs.
Psychische Erkrankungen sind längst keine Seltenheit mehr und äußern sich in vielen Formen und Symptomen. Der DAK-Gesundheitsreport 2023 enthüllt alarmierende Daten: Psychische Erkrankungen sind mittlerweile die dritthäufigste Ursache für Krankschreibungen. Es handelt sich schon lange nicht mehr nur um Einzelfälle, sondern um ein gesellschaftliches Problem, das in der heutigen Arbeitswelt dringend angegangen werden muss. Zudem ist die Dunkelziffer hoch, denn viele Betroffene scheuen sich, die Probleme nach außen zu kommunizieren und sich Hilfe zu suchen. Für ihr Umfeld wird das Ausmaß oft erst dann begreifbar, wenn Betroffene zusammenbrechen. „Es ist dringend notwendig, die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz in den Mittelpunkt der betrieblichen Gesundheitsförderung zu rücken. Die wachsende Anzahl von psychischen Erkrankungen im beruflichen Kontext – von Burnout bis Depression – zeigt, wie dringlich die Auseinandersetzung mit diesem Thema ist,“ betont Petra Timm, Pressesprecherin des Personaldienstleisters Randstad.
Herausforderungen des Arbeitsalltags, die zur psychischen Belastung beitragen
„Du hast zu viel Stress und solltest weniger arbeiten.“ Solche gut gemeinten Ratschläge erhalten Unternehmer:innen und Arbeitnehmer:innen gleichermaßen. Doch oft sind es nicht nur hohe Arbeitsbelastungen und straffe Fristen, sondern auch zwischenmenschliche Konflikte, mangelnde Anerkennung oder eine unausgewogene Work-Life-Balance. Diese Faktoren können gravierend zur Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz beitragen. Ebenso häufig wie Stress belastet ein schlechtes Arbeitsklima viele Angestellte. Denn ein giftiges Arbeitsklima ist oft von negativen Emotionen, wie Kritik, Gerüchten und Misstrauen geprägt. Solch eine ständige Negativität kann das Selbstwertgefühl der Mitarbeiter:innen senken und zu Angstzuständen oder Depressionen führen.
Es ist menschlich, dass unsere Arbeitsleistung von Tag zu Tag variieren kann. Sie kennen das sicher auch: Manchmal erledigen wir Aufgaben mühelos und mit Freude, während wir an anderen Tagen müde, gestresst und überfordert sind. Diese Schwankungen sind normal und können auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, wie Schlafmangel, persönliche Stressoren oder Arbeitsbelastung. Es ist jedoch wichtig, dass Sie die Anzeichen erkennen, die darauf hinweisen, dass Sie sich in einer Abwärtsspirale befinden, in der Ihre mentale und physische Gesundheit gefährdet ist.
Ein entscheidender Schritt, um sich in schwierigen Zeiten zu schützen, besteht darin, auf sich selbst zu achten und auf die Signale des Körpers zu hören, die darauf hinweisen, dass es Zeit für eine Pause ist. Wenn Sie bemerken, dass Ihre Arbeitsleistung kontinuierlich nachlässt, Ihr Energielevel sinkt und Sie sich überfordert fühlen, sollten Sie nicht zögern, Maßnahmen zu ergreifen. Dies könnte bedeuten, dass Sie sich eine kurze Auszeit nehmen, um sich zu erholen, gesünder zu essen, ausreichend zu schlafen oder sich mit einer/m Vertrauten/m auszutauschen, um Unterstützung zu erhalten. Achten Sie auf die Zeichen, die Ihr Körper und Ihr Geist Ihnen geben, und handeln Sie proaktiv, um Ihr Wohlbefinden zu erhalten. Es ist wichtig, sich selbst Priorität zu geben, um langfristig gesund und produktiv zu bleiben.
Gesunde Rahmenbedingungen stärken die Mitarbeitenden
Hohe Fehlzeiten in Unternehmen führen oft zu zusätzlicher Belastung und zu einem Teufelskreis im gesamten Team. Unabhängig von den Gründen für die Abwesenheit der Mitarbeiter:innen, sei es aufgrund persönlicher Probleme, externer Einflüsse wie geopolitischer Krisen oder Herausforderungen im Arbeitsumfeld, die Auswirkungen auf die Arbeitsleistung sind in der Regel die gleichen. Es liegt in der Verantwortung der Unternehmen, gesunde Rahmenbedingungen zu schaffen, um sicherzustellen, dass die Arbeit nicht zu psychischen Belastungen führt.
Grundsätzlich ist Arbeit ein gesundheitsfördernder Faktor. Langzeitarbeitslose leiden deutlich häufiger an psychischen Erkrankungen als Berufstätige, die regelmäßig zur Arbeit gehen. Wichtig sind gesunde Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz, die nicht nur eine effiziente Arbeitsorganisation und gut gestaltete Arbeitsumgebungen, Prozesse und Strukturen umfassen sollten, sondern auch Maßnahmen wie Konflikt- und Stressmanagement sowie qualifizierte Führungskräfte einschließen müssen.
Es liegt in der Verantwortung der Arbeitgebenden, die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu fördern. Das kann durch Weiterbildungen, regelmäßige Mitarbeitergespräche oder durch das Angebot von Beratungen geschehen. Es ist wichtig, ein offenes Ohr für die Anliegen der Mitarbeiter:innen zu haben und präventiv gegen psychische Belastungen vorzugehen.
Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz: Das können Arbeitgeber:innen tun
Schulungen und Workshops
Eine fundierte Weiterbildung zum Thema „Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz“ kann dabei helfen, Führungskräfte und Mitarbeiter:innen für die Thematik zu sensibilisieren. Viele Workshops vermitteln Techniken zur Stressbewältigung oder zur Stärkung des Teamgeistes. Letztendlich sollten Führungskräfte praktische Schritte umsetzen, um ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das die psychische Gesundheit fördert. Dies kann die Anpassung von Arbeitsprozessen, die Einführung von flexiblen Arbeitszeiten und die Implementierung von Gesundheitsförderungsprogrammen umfassen. Die Schulung von Führungskräften in diesen Themen ist entscheidend, um sicherzustellen, dass sie in der Lage sind, ihre Teams effektiv zu leiten und die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu unterstützen.
Gesundheitsmanagement
Ein betriebliches Gesundheitsmanagement, das sich nicht nur auf die physische, sondern auch auf die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz konzentriert, trägt nachhaltig zum Unternehmenserfolg bei. Regelmäßige Gesundheitstage, Beratungsangebote oder auch die Zusammenarbeit mit Psychologen und Therapeuten können dabei helfen, zukünftige Risiken zu erkennen und diesen entgegenzuwirken.
Mitarbeitende individuell einsetzen
Arbeitsbereiche, die für manche Mitarbeiter ein rotes Tuch sind, können für andere ein Traumjob sein. Die Erkenntnis, dass nicht jeder Mitarbeitende die gleichen Anforderungen und Aufgaben schätzt, ist ein wichtiger Schritt, um ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das die individuelle Gesundheit und das Wohlbefinden fördert. Unternehmen, die auf die Vielfalt der Fähigkeiten und Vorlieben ihrer Mitarbeitenden achten und gleichzeitig eine ausgewogene Arbeitsbelastung gewährleisten, können dazu beitragen, die psychische Gesundheit in der Belegschaft zu stärken und langfristig erfolgreicher zu sein.
Stille Zonen und Entspannungsecken
Immer mehr Unternehmen richten für die Mitarbeitenden bereits entspannte Rückzugsorte ein, um die psychische Belastung des Teams zu minimieren. Solche Rückzugsangebote können je nach den Ressourcen und Möglichkeiten des Unternehmens ganz unterschiedlich sein. Dazu gehören beispielsweise Pausenräume oder Lounges, die mit bequemen Sitzmöbeln, ruhiger Beleuchtung und vielleicht sogar grünen Pflanzen ausgestattet sind. Hier können Mitarbeitende während ihrer Pausen entspannen, meditieren, lesen oder einfach kurz durchatmen. Solche Räume bieten die Möglichkeit, sich vom hektischen Arbeitsalltag zu erholen und neue Energie zu tanken.
Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz: Das können Arbeitnehmer:innen tun
Arbeitsplatzgestaltung – mehr als nur Ästhetik
Wer morgens auf dem Weg zu seinem Büro durch einen langen dunklen Flur vorbei an vielen geschlossenen Türen geht, fühlt sich wahrscheinlich nicht in einer Gemeinschaft herzlich willkommen. Wenn dazu die Bürotür in ein enges Büro mit wenig ansprechender Einrichtung und Neonlicht führt, ist die Motivation voller Energie in den Arbeitstag zu starten, wahrscheinlich gering. Oft unterschätzt, aber die physischen Gegebenheiten eines Arbeitsplatzes können tatsächlich erheblich zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz beitragen. Neben der Ergonomie – wie etwa höhenverstellbaren Schreibtischen oder qualitativen Bürostühlen – sind auch Raumklima, Beleuchtung und Lärmpegel entscheidende Faktoren. Ein gut belüfteter, heller Raum und eine ruhige Atmosphäre können die Arbeitsmoral und das allgemeine Wohlbefinden steigern. Pflanzen und warme Farben erhöhen den Wohlfühlfaktor deutlich. Wenn Sie täglich in einem unpersönlichen Büro viel Zeit verbringen, sollten Sie dringend aktiv werden. Sie werden staunen, wie viel ein Bild, eine schöne Blume oder ein farbiger Stifthalter mit schönem Design bewirken.
Für sich selbst und für Kollegen:innen sorgen
Auch Arbeitnehmer können aktiv dazu beitragen, ihre psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu erhalten. Viele haben nie gelernt, was mentale Gesundheit im Alltag bedeutet und wie man auf sich selbst Acht gibt. Sie lassen Stress und Belastungen zu nah an sich heran und sind oft nicht in der Lage, Nein zu sagen. Ebenso wichtig ist es, nicht nur auf die eigene psychische Gesundheit zu achten, sondern auch Kollegen:innen im Auge zu behalten. Einen offenen Dialog zu führen, um ihre Bedürfnisse zu verstehen und zu erfahren, wie es den anderen geht, ist ein wichtiger Schritt. Durch solche Gespräche können auch Aufgaben und Verantwortlichkeiten effektiver aufgeteilt werden, um Überlastung bei Einzelnen zu vermeiden.
Stressreduktion im Homeoffice
Die moderne Arbeitswelt erlaubt vielfach flexible Arbeitsmodelle. Die Möglichkeit, teilweise von zu Hause aus zu arbeiten oder flexible Arbeitszeiten zu nutzen, kann den Stress reduzieren und die Work-Life-Balance verbessern. Dabei ist es wesentlich, auch in den eigenen vier Wänden auf eine ergonomische Arbeitsumgebung zu achten und klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zu ziehen. Wenn Sie häufig im Homeoffice arbeiten, sollten Sie nicht bei den technischen Grundvoraussetzungen haltmachen. Ein ruhiges Arbeitsambiente fern ab von Fernseher und Radio, zudem gut getrennt von den häuslichen Pflichten, minimiert den Stress deutlich.
Selbstfürsorge und Auszeiten
Es ist wichtig, auf die eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu achten. Das kann bedeuten, regelmäßig Pausen einzulegen, ausreichend Wasser zu trinken oder sich Zeit für Entspannungsübungen zu nehmen. Auch der Mut, einmal „Nein“ zu sagen, wenn die Belastung zu groß wird, gehört dazu.
Fort- und Weiterbildung
Nicht nur Arbeitgeber:innen, auch Arbeitnehmer:innen sollten das Thema „Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz“ aktiv angehen. Das kann durch die Teilnahme an Workshops, Seminaren oder auch durch individuelles Coaching geschehen. Dabei geht es nicht nur darum, wie man sich vor Überbelastung schützt, sondern auch darum, wie man seine Resilienz – die psychische Widerstandsfähigkeit – stärken kann.
Die Kunst des „Nein-Sagens“
Können Sie Nein sagen, wenn Ihnen etwas zu viel ist? In der modernen, oft hektischen Arbeitswelt wird das „Nein-Sagen“ häufig als Zeichen von Schwäche oder mangelnder Kooperationsbereitschaft interpretiert. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall: Ein selbstbewusstes und reflektiertes „Nein“ ist ein Indikator für gute Selbstkenntnis und die Fähigkeit, sich abzugrenzen.
Bedenkzeit einfordern
Wenn Sie unsicher sind, ob Sie einer Anfrage nachkommen sollten, sollten Sie sich einen Moment Zeit nehmen, um die Situation zu überdenken. Indem Sie Bedenkzeit einfordern, geben Sie sich den notwendigen Raum, die Aufgabe und deren Implikationen objektiv zu betrachten. Fragen Sie sich: Welche konkrete Tätigkeit wird von mir erwartet? Wer fordert diese Tätigkeit oder Gefälligkeit an? Und welche Zeitressourcen würde diese Aufgabe von mir beanspruchen?
Analyse und Begründung
Durch eine solche Analyse stärken Sie nicht nur Ihre Entscheidungsgrundlage, sondern auch Ihr Selbstvertrauen in Ihre Entscheidung. Falls nötig, können Sie Ihren Entschluss klar und begründet kommunizieren – wodurch Ihr Standing im Unternehmen gestärkt werden kann.
Selbstfürsorge und Prioritätensetzung
Ein souveränes „Nein“ ist nicht egoistisch. Es zeigt, dass Sie in der Lage sind, Prioritäten zu setzen und auf Ihre eigene psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu achten. Durch das bewusste Absagen von Überstunden oder zusätzlichen Aufgaben, die über Ihr Maß hinausgehen, nehmen Sie Rücksicht auf sich selbst. Dies stärkt nicht nur Ihr Selbstbewusstsein, sondern fördert auch eine bessere Work-Life-Balance und effektives Zeitmanagement.
Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz: Kommunikation als Schlüssel
Die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz ist ein komplexes Feld, das von vielen Faktoren beeinflusst wird. Es ist wichtig, dass beide Seiten – Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in – aktiv dazu beitragen, ein gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen und zu erhalten. „Ein Tabu rund um das Thema hilft niemandem“, betont Petra Timm. Sie rät: „Wenn sowohl Arbeitgebende als auch Arbeitnehmende das Thema aktiv angehen und offen kommunizieren, können viele Probleme vermieden und möglicherweise sogar gelöst werden. Offene Gespräche, gegenseitiges Verständnis und Empathie sind ausschlaggebend, um gute Lösungen zu finden“
Hilfreiche Kommunikationstipps von Petra Timm
Offene Gesprächskultur:
Eine offene Kommunikation über die eigenen Grenzen, Bedürfnisse und Herausforderungen schafft Verständnis und Vertrauen im Team. Dies fördert nicht nur die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz, sondern auch das gesamte Betriebsklima.
Feedback-Runden:
Regelmäßige Feedback-Gespräche zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern bieten die Gelegenheit, Probleme frühzeitig zu erkennen und Lösungsansätze zu entwickeln. Dies kann in formellen Mitarbeitergesprächen oder in informellen, regelmäßigen Runden stattfinden.
Brechen von Tabus:
Es ist wichtig, dass die psychische Gesundheit nicht länger ein Tabuthema bleibt. Je offener und informierter über das Thema gesprochen wird, desto besser können Unternehmen und Mitarbeitende auf Herausforderungen reagieren und Unterstützung bieten.
Karriere-Tipps mit Petra Timm:
Insiderwissen für Ihren beruflichen Erfolg
In unserer Rubrik teilt Petra Timm, Director Group Communications der Randstad Gruppe Deutschland, wertvolle Expertentipps und Informationen aus der Berufswelt. Mit ihrer langjährigen Erfahrung in der internen und externen Kommunikation versteht Petra Timm die Bedeutung einer starken beruflichen Präsenz und eines gelungenen Karrierewegs.
In dieser Rubrik können Sie von dem Fachwissen profitieren und wertvolle Einblicke in die Arbeitswelt gewinnen. Ob es um Tipps für Bewerbungen und Vorstellungsgespräche geht, um die Entwicklung beruflicher Fähigkeiten oder um die Förderung eines positiven Arbeitsumfelds – Petra Timm teilt ihr Insiderwissen, um Ihnen dabei zu helfen, Ihre beruflichen Ziele zu erreichen.
Fotos: Randstad/AdobeStock/Pixel-Shot l Randstad/AdobeStock/ChasingMagicpeopleimages.com l Randstad/AdobeStock/Pixel-Shot l Randstad/AdobeStock/Krakenimages.com
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