Ein Interview mit Stefan Materne, Experte von der Energieberatung der Verbraucherzentrale
An einem kalten Winterabend vor dem knisternden Kamin sitzen, eine heiße Tasse Tee in der Hand und das Flackern der Flammen beobachten – für viele Menschen gehört das zum perfekten Wohlfühlmoment. Doch was, wenn der geliebte Kamin plötzlich nicht mehr betrieben werden darf? Zum Jahreswechsel sind neue gesetzliche Regelungen in Kraft getreten, die Hausbesitzer zum Handeln zwingen. Was bedeutet das konkret? Gibt es Möglichkeiten, alte Kamine weiter zu nutzen? Und welche Fehler sollten unbedingt vermieden werden? Darüber sprechen wir mit Stefan Materne, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale.

Stefan Materne von der Verbraucherzentrale erklärt, worauf Hausbesitzer bei alten Kaminen jetzt achten sollten.
Apuncto: Guten Tag, Herr Materne, und vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit für uns genommen haben.
Das Feuer im Ofen oder Kamin ist beliebt: Über elf Millionen solcher Einzelraumfeuerstätten – so der Fachbegriff – sind hierzulande in Betrieb. Um den gewachsenen Anforderungen an den Umwelt- und Klimaschutz gerecht zu werden, dürfen Kamine, Kaminöfen und Öfen nicht mehr als vier Gramm Kohlenmonoxid und 0,15 Gramm Staub je Kubikmeter Abgas ausstoßen. Diese Grenzwerte regelt die Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV).
Herr Materne, viele Hausbesitzer sind verunsichert: Welche Kamine und Öfen dürfen seit Januar 2025 nicht mehr betrieben werden?
Stefan Materne: Tatsächlich hat sich etwas geändert. Am 31. Dezember 2024 sind für ältere Kamine und Feuerstätten die Fristen zur Nachrüstung abgelaufen. Seit dem 1. Januar 2025 dürfen alle Einzelraumfeuerstätten, die zwischen dem 1. Januar 1995 und dem 21. März 2010 in Betrieb genommen wurden, nicht mehr genutzt werden, wenn sie nicht nachweislich die aktuellen Grenzwerte der Bundesimmissionsschutzverordnung kurz BImSchV einhalten. Das bedeutet konkret: Der Ausstoß von Kohlenmonoxid darf vier Gramm pro Kubikmeter Abgas nicht überschreiten, und für Feinstaub liegt die Grenze bei 0,15 Gramm pro Kubikmeter. Wer keinen Nachweis hat, darf die Einzelraumfeuerstätte seit dem 01. Januar 2025 nicht mehr betreiben.
Apuncto: Viele Hausbesitzer hängen an ihrem Kamin, sei es, weil er perfekt ins Ambiente des Hauses passt oder weil es sich um einen alten Kachelofen handelt, der heute nur noch als Spezialanfertigung erhältlich wäre. Diese emotionalen und praktischen Gründe sind absolut nachvollziehbar.
Gibt es Möglichkeiten, einen alten Kamin dennoch weiter zu nutzen?
Stefan Materne: Ja, unter bestimmten Voraussetzungen. Möchten Sie den außer Betrieb genommenen Kamin weiter betreiben, ist eine Nachrüstung mit einer Staubminderungseinrichtung nach dem Stand der Technik möglich. Aber Achtung: Diese Filter müssen eine bauaufsichtliche Zulassung vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) haben und explizit für den jeweiligen Kamin oder Ofen geeignet sein. Zudem sollte vorab geprüft werden, ob die Nachrüstung tatsächlich dazu führt, dass die Grenzwerte eingehalten werden. In manchen Fällen kann ein Austausch die wirtschaftlich sinnvollere Option sein.

Energieexperte Stefan Materne erklärt, wer seinen alten Kamin weiter nutzen will, muss die aktuellen Grenzwerte einhalten – entweder durch Nachrüstung mit zugelassenem Filter oder den Austausch der Feuerstätte.
Gibt es Ausnahmen von der neuen Regelung?
Stefan Materne: Ja, einige Feuerstätten dürfen weiterhin betrieben werden. Dazu gehören Feuerstätten, die vor 1950 errichtet wurden. Auch Kachelgrundöfen, Badeöfen, Backöfen und offene Kamine, die nur gelegentlich genutzt werden, sind nicht betroffen. Eine weitere Ausnahme gibt es für Öfen, die als einzige Heizquelle einer Wohnung dienen. Wer unsicher ist, sollte sich von einem Schornsteinfeger beraten lassen.
Viele Hausbesitzer fragen sich, ob es sich lohnt, einen alten Kamin nachzurüsten oder ob der Austausch die bessere Option ist. Was raten Sie?
Stefan Materne: Das hängt vom Einzelfall ab. Eine Nachrüstung kann teuer sein und führt nicht immer zum gewünschten Ergebnis. Wer langfristig plant, sollte über einen neuen, emissionsarmen Kaminofen nachdenken. Aktuelle Modelle müssen alle gesetzlichen Anforderungen erfüllen und bieten oft zusätzliche Vorteile: Sie sind effizienter, benötigen weniger Brennstoff und stoßen weniger Schadstoffe aus. Orientierung bietet das Umweltlabel „Blauer Engel“ – es kennzeichnet besonders umweltfreundliche Modelle. Zudem kann es sinnvoll sein, sich über alternative Heiztechniken zu informieren, etwa Pelletöfen oder einer Anbindung an das zentrale Heizungsnetz. Lassen Sie sich zur richtigen Heiztechnik individuell von Energieberaterinnen beraten.

Nachrüsten oder austauschen? Energieexperte Stefan Materne erklärt, wann sich ein neuer Kamin lohnt – und welche Alternativen es gibt.
Was können Hausbesitzer tun, um ihren Kamin umweltfreundlicher und effizienter zu nutzen?
Stefan Materne: Hier gibt es einige wertvolle Tipps. Zum Beispiel spielt die richtige Holzlagerung eine große Rolle. Frisch geschlagenes Holz muss mindestens ein bis zwei Jahre trocknen, bevor es verbrannt werden darf. Feuchtes Holz brennt schlecht, verursacht mehr Rauch und setzt unnötig viele Schadstoffe frei. Außerdem sollte nur naturbelassenes, unbehandeltes Holz genutzt werden – also keine lackierten oder beschichteten Hölzer, Spanplatten oder Möbelreste. Der richtige Umgang mit Brennmaterial spart nicht nur Kosten, sondern schützt auch die Umwelt.

Stefan Materne rät: Nur trockenes, unbehandeltes Holz verwenden – das schont Umwelt und Geldbeutel.
Gibt es eine richtige Technik, um den Kamin anzufeuern? Welche Methoden sind besonders effektiv?
Stefan Materne: Absolut. Viele machen den Fehler, zu große Holzscheite oder gar Zeitungspapier zu verwenden. Am besten nutzt man kleine, trockene Holzstücke und legt sie sorgfältig geschichtet in den Kamin. Die beste Methode ist das „Anzünden von oben“: Dabei wird das Anzündmaterial, etwa wachsgetränkte Holzwolle, auf die Holzscheite gelegt und von oben angezündet. So brennt das Feuer langsamer nach unten durch, die Rauchentwicklung ist geringer und die Verbrennung effizienter. Wichtig ist auch die richtige Luftzufuhr: Anfangs sollte genügend Sauerstoff vorhanden sein, später kann die Luftzufuhr reduziert werden, um die Wärme optimal im Raum zu halten.

Effizient und sicher heizen: Energieexperte Stefan Materne rät, typische Bedienfehler beim Kamin zu vermeiden für weniger Emissionen und mehr Wohlbefinden.
Abschließend: Viele suchen nicht nur allgemeine Informationen, sondern wünschen sich eine persönliche Beratung, die auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Wo können sich diese Hausbesitzer weiter informieren?
Stefan Materne: Die Energieberatung der Verbraucherzentrale bietet umfangreiche Informationen und individuelle Beratungen an – online, telefonisch oder persönlich. Wer sich detailliert über das Thema informieren möchte, kann unsere kostenlosen Online-Vorträge besuchen oder uns unter 0800 – 809 802 400 kostenfrei kontaktieren. Zudem gibt es zahlreiche Informationsmaterialien und Beratungsangebote rund um effizientes Heizen und nachhaltige Energielösungen.
Apuncto:
Die neuen Vorschriften machen es für viele Hausbesitzer erforderlich, sich mit ihrem Kamin oder Ofen auseinanderzusetzen. Doch mit dem richtigen Wissen und einfachen Maßnahmen lässt sich das Feuervergnügen weiterhin genießen – effizient, sicher und umweltfreundlich. Wer frühzeitig auf moderne Technologien setzt, kann langfristig Kosten sparen und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Zudem steigert ein emissionsarmer Kamin nicht nur die Luftqualität in der Umgebung, sondern sorgt auch für eine nachhaltige Nutzung von Brennstoffen. Letztlich bleibt das Kaminfeuer ein zeitloser Wohnkomfort, wenn es verantwortungsbewusst genutzt wird.

Stefan Materne ist seit über 15 Jahren Referent im Projekt bei der Energieberatung der Verbraucherzentrale. Sein Themenschwerpunkt ist die Versorgungstechnik (Heiz- und Warmwasserversorgung in Gebäuden).
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