Werden Aufgaben rund um die Familie eigentlich genauso wertgeschätzt wie Aufgaben und Verantwortungen im Job? Kann man also eine E-Mail, die wir im Büro erhalten überhaupt mit der, die der Kindergarten schickt, vergleichen? Welche ist wichtiger? Und sind es immer nur die beruflichen Pflichten, die mit viel Aufwand verbunden sind?
In der Priorität gewinnt hier häufig die E-Mail aus dem Büro. Sie muss unbedingt zeitnah beantwortet werden, denn die Kollegen warten bereits auf eine Rückmeldung damit das Projekt weitergehen kann.
Die E-Mail vom Kindergarten die den nächsten Ausflug ankündigt und die notwendigen Vorbereitungen aufführt wird oftmals abends nur noch überflogen und als zusätzlicher Aufwand und Mental Load empfunden. Häufig von der berufstätigen Mutter.
Denn SIE ist auch in der heutigen Zeit noch meistens diejenige, die sich um die Care-Arbeit und somit um die Kommunikation mit den sozialen Einrichtungen kümmert. Aus der Überlastung heraus entbrennt zwischen der Working Mom und ihrem Partner so auch schon mal eine Diskussion über Aufwand und Priorität dieser Aufgaben. Nicht selten wird da die E-Mail aus dem Kindergarten als weniger wichtig oder aufwändig vom Partner betrachtet.

Was aber bedeutet es, wenn zum nächsten Ausflug in den Wald eingeladen wird, an dem die Kleinen selbstverständlich teilnehmen sollen? Schauen wir uns doch einmal genauer an, was hinter dieser einen E-Mail stecken kann: In der Regel werden die Eltern (!) schriftlich über das anstehende Abenteuer informiert, da oft ein paar Vorbereitungen zu treffen sind. Wurden alle Informationen gelesen ist nun erst einmal das Datum des Ausflugs im Kalender einzutragen, damit dieser nicht vergessen wird. Außerdem ist nicht selten eine Einwilligungserklärung, die versichert, dass das Kind an dem Ausflug teilnehmen darf, zu unterschreiben und an den Kindergarten zurückzugeben. Kann das Vorhaben finanziell nicht komplett von der Einrichtung getragen werden, wird meist um einen in bar zur Verfügung gestellten Beitrag gebeten. Dieser ist bei der Bank abzuheben, in einen Umschlag zu stecken, mit Namen zu versehen und ebenfalls im Kindergarten abzugeben.
Endlich ist der, von den Kleinen, schon lange herbeigesehnte Tag da!
Nun heißt es für dieses besondere Ereignis den Rucksack zu packen. Der Eierkarton, der bei dem Besuch im Wald benötigt wird, wurde geleert und an einer gut sichtbaren Stelle platziert, um ihn am Tag des Ausflugs nicht zu vergessen. Schnell noch die Brote schmieren, die Trinkflasche auffüllen, alles im Rucksack verstauen und die Matschhose nicht vergessen! An den Tagen vor dem Ausflug war es regnerisch und es wurde nachträglich noch einmal darum gebeten, eine zusätzliche Matschhose zur Verfügung zu stellen.
Mit dieser einen E-Mail sind Mütter somit über mehrere Tage hinweg beschäftigt. Zum einen, mit ganz praktischen Aufgaben, wie dem Kalendereintrag, dem Abheben des benötigten Bargeldes, dem Leeren des Eierkarton und dem Bereitstellen des benötigtem Lunch-Paketes. Darüber hinaus geht all diesen Tätigkeiten aber auch immer der damit verbundene Mental Load einher. Das Nicht-Vergessen des Kalendereintrags, das Dran-Denken der benötigten Bargeldabhebung und Zurverfügungstellung, das Bereithalten einer sauberen Matschhose, das Einkaufen für das Lunch-Paket, u.s.w.

Wie sehr wird dieser Aufwand aber in der heutigen Zeit von der Gesellschaft oder sogar vom eigenen Partner wertgeschätzt? Wird er überhaupt wahrgenommen und ist er sichtbar genug?
Ich, als berufstätige Mutter, habe die Erfahrung gemacht, dass es unglaublich wichtig ist meinem Mann transparent zu machen, was diese eine E-Mail, aber auch viele andere Care-Aufgaben für mich neben meinem bezahlten Job bedeuten. Da er selbst nie in der Rolle eines Working-Dads gewesen ist, konnte er lange Zeit nicht nachvollziehen, dass es nicht möglich ist, neben einer 75% Teilzeitstelle auch noch zu 100% das Familien-Management zu übernehmen. Zu aufwändig und zu vielschichtig sind hier die Aufgaben.
Unserer Beziehung hat es daher ungemein geholfen einmal gemeinsam sämtliche familienbezogenen Themen und damit verbundenen Aufgaben detailliert aufzulisten, sie zu besprechen und zu klären, wie sie zukünftig gleichberechtigt aufgeteilt werden können.
Dieses gemeinsame „Projekt“ hat somit für die so dringend benötigte Transparenz gesorgt, welche auch die Basis für eine gegenseitige Wertschätzung und ein Verständnis füreinander ist.
Ich möchte daher jede Working Mom dazu ermutigen, ihren Arbeitstag, der nicht nur mit Aufgaben des bezahlten Jobs gefüllt ist, dem Partner immer wieder offenzulegen oder ebenfalls über eine Auflistung eine gleichberechtigte Aufgabenteilung einzufordern. Nur so kann sich nachhaltig auch etwas in der Gesellschaft, vor allem aber bei den nachfolgenden Generationen, verändern.
Unsere Gastautorin Svenja Bütefür ist die Mutter zweier Kinder und arbeitet seit über 20 Jahren im Bereich der Business-Analyse. Die Projektmanagerin und „Expertin aus Erfahrung“ weiß, wie kraftraubend es sein kann, zusätzlich zum Job eine Familie zu managen. Deshalb schrieb sie mit ihrem Buch „Die KooPAARation – der gemeinsame Weg zur Vermeidung des familiären Burn-outs.“ ein humorvolles und unkompliziertes Umsetzungshandbuch, das dabei hilft, wieder Harmonie in den Familienalltag zu bringen.
