Jedes Jahr wieder nehmen Hobbygärtner die Herausforderung an, die Rasenfläche in ihrem Garten zu hegen und pflegen. Dabei sind die Ziele ganz individuell: Die einen wünschen sich einen gepflegten englischen Rasen, andere wollen eine strapazierfähige Grünfläche, auf der die Kinder toben können und wieder andere träumen von einer insektenfreundlichen Wiese. Doch auch wenn die Ansprüche unterschiedlich sind, gibt es Themen, die alle gleichermaßen beschäftigen. Muss der Maulwurf gehen oder darf er bleiben? Muss der Rasen gedüngt werden und wie oft sollte er gemäht werden? Tatsächlich gibt es für diese und ähnliche Fragen Tipps, die sich hartnäckig verbreiten, obwohl sie nicht hilfreich sind. Apuncto hat Sabine Klingelhöfer von Neudorff, dem Spezialisten für naturgemäßes Gärtnern, gebeten uns über die häufigsten Irrtümer bei der Rasenpflege aufzuklären.
Apuncto: Im Bereich der Rasenpflege scheint es viele Missverständnisse und Irrtümer zu geben. Können Sie bestätigen, dass solche Irrtümer häufig auftreten? Was sind Ihre Erfahrungen?
Sabine Klingelhöfer: Ja, tatsächlich gibt es viele Irrtümer. Das Beratungsteam bei Neudorff stößt immer wieder auf solche Fehlannahmen, und auch in meinem eigenen Umfeld werde ich damit konfrontiert. Ich kläre diese Missverständnisse gern auf und gebe gern Tipps wie es richtig geht.
Apuncto: Einige Hobbygärtner vertreten die Ansicht, dass Düngen des Rasens vermieden werden sollte, um das Mähen zu reduzieren. Wie halten Sie von dieser Praxis? Welche langfristigen Auswirkungen hat es auf den Rasen, wenn die Grünfläche nicht gedüngt wird?
Sabine Klingelhöfer: Man kann den Rasen natürlich ungedüngt lassen, dann entwickelt er sich aber über Jahre zu einer Wiese mit Kräutern und Blumen. Das würde die Insekten freuen. Viele erwarten jedoch einen perfekten Rasen und sind dann enttäuscht. Sehr günstige mineralische Dünger mit hohem Stickstoffgehalt lassen den Rasen schnell wachsen, aber nicht dicht werden. Unser organischer Azet RasenDünger hingegen sorgt für dichten Wuchs, da er nur so viel Stickstoff enthält, wie nötig. Der Rasen schießt also nicht in die Höhe.
Apuncto: In Bezug auf die Rasenpflege im Herbst behaupten einige Hobbygärtner, dass spezielle Herbstrasendünger nichts weiter als ein Marketing-Trick sind. Wie stehen Sie zu dieser Aussage? Welche Vorteile bieten Herbstrasendünger tatsächlich für die Gesundheit und Robustheit des Rasens?
Sabine Klingelhöfer: Nein, das stimmt nicht. Ein guter Herbstrasendünger, wie unser Azet HerbstRasenDünger, enthält viel Kalium, das für die Frosthärte und den Wasserhaushalt des Rasens wichtig ist. Eine Herbstdüngung stärkt den Rasen für den Winter.
Apuncto: Es gibt die weit verbreitete Annahme, dass man den Rasen jährlich kalken muss. Inwiefern hat sich diese Praxis aufgrund veränderter Umweltbedingungen gewandelt? Welche Rolle spielt der pH-Wert des Bodens in der heutigen Rasenpflege?
Sabine Klingelhöfer: Das ist nicht mehr nötig. Früher, als saurer Regen durch Industrieabgase ein Problem war, musste man häufiger kalken, damit der Boden nicht versauert. Heute reicht es, alle zwei Jahre mit einem pH-Bodentest zu prüfen und nur bei Bedarf zu kalken.
Apuncto: Das ist eine gute Nachricht. Kommen wir zum Vertikutieren. Das Thema wird diskutiert, insbesondere hinsichtlich des optimalen Zeitpunkts. Manche raten dazu, dies früh im Jahr zu tun. Welche Auswirkungen hat das frühe Vertikutieren auf den Rasen? Was wäre stattdessen der ideale Zeitpunkt und Vorgehensweise?
Sabine Klingelhöfer: Das ist keine gute Idee. Früh im Jahr ist der Rasen noch schwach. Zu tiefes Vertikutieren schädigt die flachen Rasenwurzeln. Besser ist es, im März zu düngen und erst im Mai zu vertikutieren.
Apuncto: Es gibt die Auffassung, dass ein tiefes Vertikutieren notwendig ist, um Luft an die Rasenwurzeln zu bringen. Wie bewerten Sie diese Praxis? Welche Auswirkungen hat das tiefe Vertikutieren auf die Gesundheit und Struktur des Rasens?
Sabine Klingelhöfer: Nein, denn Rasen ist ein Flachwurzler. Beim Vertikutieren sollte man nur 2-3 mm in den Boden gehen, sonst verletzt man die Rasenwurzeln. Vertikutieren ist nötig, wenn viel Moos, Unkraut und Rasenfilz vorhanden sind. Ein organischer Dünger verhindert die Bildung von Rasenfilz.
Apuncto: Eine gängige Meinung ist, dass Rasen regelmäßig im Sommer gegossen werden muss, um ein Absterben zu verhindern. Können Sie diese Annahme bestätigen oder widerlegen? Welche Bewässerungsstrategien empfehlen Sie für eine optimale Rasenpflege während trockener Perioden?
Sabine Klingelhöfer: Der Rasen wird bei Trockenheit zwar braun, die Wurzeln sterben aber normalerweise nicht ab. Er erholt sich bei Regen wieder. Es sollte mit Regenwasser und nicht mit Trinkwasser gegossen werden, am besten morgens, gründlich und zwei Mal wöchentlich.
Apuncto: Vor einer längeren Abwesenheit, wie zum Beispiel einem Urlaub, neigen einige dazu, den Rasen besonders kurz zu mähen. Welche Auswirkungen hat diese Praxis auf den Rasen, insbesondere während der Sommermonate? Gibt es eine bessere Vorgehensweise?
Sabine Klingelhöfer: Nein, das ist keine gute Idee, besonders im Sommer, da zu tief geschnittener Rasen schneller verbrennt und vertrocknet. Besser ist es, normal zu mähen und nach dem Urlaub erst auf hoher Stufe, dann eine Woche später auf normaler Höhe zu schneiden.
Apuncto: Es gibt die Regel, dass man ab November den Rasen nicht mehr mähen sollte. Inwiefern ist diese Regel heute noch relevant, besonders angesichts veränderter klimatischer Bedingungen? Welche Empfehlungen geben Sie für die Rasenpflege im späten Herbst und Winter?
Sabine Klingelhöfer: Das hat sich geändert. Solange der Rasen wächst, sollte er auch gemäht werden, notfalls auch noch im Dezember. Zu langer Rasen kann im Winter von Pilzen befallen werden und Lücken im Frühjahr verursachen.
Apuncto: Ein weiteres häufig diskutiertes Thema sind Ameisen im Garten. Oft wird behauptet, dass auch Ameisen Pflanzenwurzeln fressen. Ist das ein Irrglaube oder sollten die Wurzeln vor Ameisenfraß geschützt werden?
Sabine Klingelhöfer: Ameisen schädigen Pflanzenwurzeln nur, wenn diese im Weg sind. Sie ernähren sich nicht primär davon.
Vielen Dank für die hilfreichen Tipps zum Thema Rasenpflege, Frau Klingelhöfer.
Fotos: Neudorff