Gehören Sie auch zu den Aktivurlaubern, die im Urlaub mehr tun wollen, als nur in der Sonne zu liegen? Die Touristenhochburgen nach Möglichkeit meiden, die Natur lieben und gut zu Fuß sind? Dann empfehlen wir Ihnen eine Wanderreise nach Skandinavien, genauer gesagt: den Olavsweg.

Outdoor in Norwegen.
Im Aktivurlaub auf Schusters Rappen die Natur Norwegens erkunden.

Der Olavsweg – die nordeuropäische Alternative zum Jakobsweg

Das Olavszeichen dient als Wegweiser.
Das rote Zeichen markiert den Gudbrandsdalweg durchgehend und dient Wanderern als Wegweiser.

In Norwegen und Schweden gibt es viele Wanderrouten durch die beeindruckende und weitgehend unberührte Natur. Eine davon ist der Gudbrandsdalweg, auch als Olavsweg bekannt, den wir Ihnen gerne vorstellen möchten. Der Weg erstreckt sich von der Hauptstadt Oslo bis hinauf nach Trondheim (früher: Nidaros) und ist mit 643 Kilometer der längste Pilgerweg Norwegens. Er besteht aus einem ganzen Netz von Pilgerwegen, die Routen folgen, die König Olav selbst gegangen ist oder mit seinen Taten stark geprägt hat.

Die Geschichte: Wer war König Olav?

Olav Haraldsson wurde im Jahr 995 in Vestfold geboren, einer Provinz südwestlich von Oslo. Überlieferungen zufolge hatte er auffallend glänzende Augen und wusste klug und klar zu reden. Schon mit etwa zwölf Jahren fuhr er als Wikinger zur See. Als 19jähriger verbrachte er einige Monate in der Normandie beim verbündeten Herzog Richard II. Dessen Bruder, Erzbischof von Rouen, führte Olav in die christliche Religion ein, der sich daraufhin gegen 1013 taufen ließ.

Als Olav 1015 mit seinem großen Heer nach Norwegen zurückkehrte, gelang es ihm, das Land unter seiner Krone zu vereinen. 1024 führte er das Christentum als einzig rechtmäßige Religion in Norwegen ein, trieb den Bau von Kirchen voran und unternahm viele Missionsreisen in heidnische Landteile. Jedoch war König Olav nicht bei allen beliebt: Vor allem Adelige empfanden ihn als zu streng und wandten sich dem Dänenkönig Knut zu, den sie 1028 in Trondheim zum neuen König Norwegens ernannten. Olav musste fliehen und fiel zwei Jahre später, am 29. Juli 1030 in einer Schlacht. Erzählungen des 13. Jahrhunderts nach befindet sich Olavs Grab genau dort, wo heute der Hochaltar des Nidarosdoms steht.

Der Legende nach wurde Olavs Sarg etwa ein Jahr nach dessen Tod geöffnet. Olavs Haare und Nägel waren weitergewachsen, ansonsten sah der Körper so aus, als wäre er gerade erst gestorben. Diese und andere wundersame Ereignisse führten dazu, dass Olav als Märtyrer heiliggesprochen wurde.

Route planen – auf Olavs Spuren durch die Natur

Wie viele Kilometer des Olavsweg Sie schaffen, hängt einerseits von Ihrer Fitness, andererseits aber auch von der Zeit ab, die Ihnen zur Verfügung steht. Die meisten Routenplaner gehen von einer durchschnittlich zurückgelegten Strecke von 20 Kilometer am Tag aus – das schließt die Höhenmeter mit ein, denn der höchste Punkt befindet sich 1321 Meter über dem Meeresspiegel. Viele Reiseführer setzen daher mindestens 32 Tage für den kompletten Gudbrandsdalweg an.

Wandern in der Natur ist ein Abenteuer für die ganze Familie.
Kurze Etappen und regelmäßige Pausen: Das Wandern und Übernachten in der Natur ist ein Abenteuer für die ganze Familie.

Das klingt zunächst einmal nach Sport, körperlicher Anstrengung und Stress? Lassen Sie sich davon nicht einschüchtern. Die meisten Pilger oder Wanderer nehmen sich pro Urlaub nur eine Teilstrecke des Weges vor. So lassen sich die fremden Eindrücke, die wunderschöne norwegische Landschaft und die beeindruckenden alten Kirchen, die man regelmäßig passiert, viel besser genießen. Suchen Sie sich einen Startpunkt aus, wandern Sie in Ihrem eigenen Tempo und schauen Sie selbst, wie weit Sie kommen. Keine Sorge: Die einzelnen Stationen des Olavswegs sind gut ans öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen. Außerdem gibt es entlang des Weges insgesamt etwa 160 Übernachtungsmöglichkeiten und bis zu 50 Gaststätten sorgen mit einheimischen Gerichten für das leibliche Wohl. Offene Unterstände, Gapahuker genannt, laden unterwegs zum Ausruhen, Rasten und notfalls Übernachten ein.

Anreise nach Norwegen

Um die Wanderung auf dem Olavsweg in Oslo zu starten, empfiehlt sich die Anreise mit der Fähre (zum Beispiel von Kiel in Schleswig-Holstein aus) oder per Flugzeug. Mit dem Bus geht es dann bequem zum Startpunkt des Wegs, ins Pilegrimssenter Oslo. Wer möchte, kann hier für etwa zehn Euro pro Person einen Pilgerausweis erstehen.

Das Olavszeichen aus Stein
Ruinen und alte Fundstücke erinnern im mittelalterlichen Oslo an längst vergangene Zeiten.

Der Ausweis ist ein tolles Andenken und gleichzeitig ein Beleg für den gelaufenen Weg: Unterwegs können an Herbergen, Kirchen oder Gemeindeverwaltungen verschiedene Stempel gesammelt werden, anhand derer sich die Pilgerreise nachvollziehen lässt.

Wer nicht direkt in Oslo starten will, aber trotzdem nicht auf einen Pilgerausweis verzichten möchte, kann diesen auch vorab im Internet bestellen.

Etappenweise ans Ziel

Von Oslo aus startet der Olavsweg zunächst zweigeteilt, die eine Route verläuft westlich, die andere östlich des Mjøsa, des größten Binnensees Norwegens.

Die westliche Route führt durchs „mittelalterliche Oslo“: Sie quert den Middelalderparken im Stadtteil Gamleby, vorbei an Ruinen aus dem 12. Jahrhundert und bis zur alten Kirche in Aker. Sie stammt aus dem 11. Jahrhundert und gehört damit zu den ältesten Bauwerken Oslos. Weiter dem Westufer des Mjøsa folgend stehen in Granavollen zwei Steinkirchen aus dem Mittelalter, anschließend geht es über den Hoffsvangen weiter nach Kapp.

Aufeinander geschichtete Steine am Wegesrand.
Am Wegesrand stößt man immer wieder auf kleinere oder größere Steintürmchen, sogenannte Gebetssteine.

Die östliche Route führt entlang des Groruddalen und des tief im Wald gelegenen Stangen. In Lillehammer, vielen wohl bekannt als Austragungsort der olympischen Winterspiele 1994, treffen die beiden Routen wieder aufeinander. Der Olavsweg führt weiter gen Norden, hinab ins Gudbrandsdal. Hier liegen an den bewaldeten Berghängen winzige Dörfer, bevor die Zivilisation sich eine Weile zurückzieht. Uralte, fast unberührte Wälder, Stille und eine spektakuläre Aussicht belohnen den Wanderer für seine Mühen. Das schroffe Dovregebirge mit 1300 Metern Höhe muss überwunden werden, um die Kirche Eystein besichtigen zu können.

Auch im Sommer liegt schnee auf den Bergipfeln.
Die meisten höheren Berge Norwegens sind auch im Hochsommer schneebedeckt.

Nach dem Hochgebirge führt der Olavsweg  durch die Provinz Fylke Sør-Trøndelag, in der es erneut viel Wald und vereinzelte Lichtungen gibt. Immer wieder müssen Flüsse überquert werden, bevor sich schließlich im Tal die Stadt Trondheim auftut. Die nahe des Trondheim-Fjords gelegene Stadt ist von grünen Hügeln umgeben und schon von weitem lassen sich die spitzen Türme des Nidarosdoms, dem Zielpunkt der Wanderung, ausmachen.

Entlang des Gudbrandsdalweges erinnern viele Kulturschätze an die Zeit des Mittelalters: Alte Grabstätten, Ruinen mittelalterlicher Gebäude und natürlich Kirchen. Doch auch die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Menschen, ihre Kultur und lokale Spezialitäten lassen sich auf der wichtigsten Pilgerroute Norwegens erleben.

Wildes Zelten ist in Norwegen erlaubt.
In Norwegen erlaubt das Jedermannsrecht wildes Zelten, solange Rücksicht auf Umwelt und Natur genommen wird.

Übrigens: Wer die letzten 100 Kilometer bis nach Trondheim nachweislich zurücklegt, erhält im Nidarosdom den Olavsbrief – eine Urkunde, die es nicht zu kaufen gibt. Auf der Urkunde selbst ist der Heilige Olav und der Pilgerapostel Sankt Jakobus abgebildet, außerdem zeigt eine Karte darauf die großen Wallfahrtsziele Europas an: Nidaros im Norden, Santiago de Compostela im Westen und Rom im Süden.

Hilfreiche Tipps für die Wanderung

  • Die richtigen Wanderstiefel sind bei längeren Wanderungen das A und O. Suchen Sie am besten einen Wanderschuh- oder Outdoor-Laden vor Ort auf und probieren Sie mehrere Stiefel an, um den richtigen Schuh zu finden. Wasserfeste Stiefel sind zwar praktisch, jedoch weniger atmungsaktiv. Und hochwertige Lederstiefel mit fester Schnürung überstehen etwas Regen und Feuchtigkeit meist auch ohne wasserfeste Membran im Inneren.
  • Tragen Sie Ihre Wanderschuhe vor dem Start gut ein. So lassen sich Fußschmerzen und Blasen vermeiden.
  • Gute Wanderschuhe sind wichtig.
    Festes Schuhwerk ist bei längeren Wanderungen mit Gepäck besonders wichtig.
  • Da Ihre Füße die Hauptlast und die Verantwortung fürs Vorankommen tragen, darf für den Notfall Blasenpflaster im Gepäck nicht fehlen. Falls sich doch mal eine Blase bildet, schützt und dämpft das Pflaster die wunde Stelle vor zu viel Reibung. Abheilen kann die Wunde jedoch erst nach Entfernen des Pflasters. Expertentipp: Unter Pilgern sehr beliebt ist der ökologische Blasenschutz mit sogenannter „Hikerswool“. Die fein gekämmte und gereinigte Wolle schützt die Fußhaut mit dem enthaltenen Lanolin und verhindert, dass Blasen und schmerzhafte Druckstellen überhaupt erst entstehen. Sobald Sie merken, dass der Schuh drückt, einfach etwas Wanderwolle an der betreffenden Stelle platzieren, Socke und Stiefel darüber ziehen und weiter wandern.
  • Ein gut sitzender Rucksack ist wichtig. Am besten lassen Sie sich auch hier im Outdoorgeschäft beraten. Die fachkundigen Verkäufer wissen, worauf es ankommt: Sitzt der Hüftgurt korrekt? Passt die Rucksackgröße zur Rückenlänge? Und wie viele Liter soll der Rucksack fassen?
  • Achten Sie beim Packen des Rucksacks darauf, dass Sie schwere Gegenstände höher und nah am Rücken platzieren. Insgesamt sollte der Schwerpunkt etwa auf Schulterhöhe liegen, damit der Rucksack beim Tragen nicht nach hinten zieht. Das Gewicht sollte überwiegend vor der Hüfte mithilfe des Hüftgurts getragen werden, ziehen Sie die Schultergurte daher nicht zu fest.
  • Befestigen Sie sperrige Dinge wie eine Isomatte außen am Rucksack, gleiches gilt für die häufig benötigte Wasserflasche. Lagern Sie Kleinigkeiten wie Snacks für Zwischendurch im Deckelfach des Rucksack, um bei einem kleinen Hunger nicht den kompletten Rucksack durchwühlen zu müssen.
  • Überlegen Sie vorher, ob Sie für die Zeit der Wanderung im Zelt übernachten oder allabendlich eine der Übernachtungsmöglichkeiten am Olavsweg wahrnehmen möchten. Mit einem Zelt im Gepäck sind sie flexibler und nicht darauf angewiesen, die nächste Hütte oder Ort zu erreichen – jedoch verursachen Innen- und Außenzelt sowie Gestänge und Heringe zusätzliches Gepäck und somit Gewicht, das es zu tragen gilt. Reisen Sie ohne Zelt, ist Ihr Rucksack zwar leichter, die Wanderung wird aber insgesamt mehr Budget beanspruchen, da Sie für jede Übernachtung zahlen müssen.
  • Für zeltende Wanderer ist besonders interessant: In Norwegen gibt es seit Juni 1957 das Jedermannsrecht. Unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an Grund und Boden erlaubt das Jedermannsrecht jedem Menschen, die Natur zu genießen und ihre Früchte zu nutzen. Das gilt auch das freie Zelten und Feuermachen. Voraussetzung ist allerdings, dass weder Natur noch andere Menschen gestört oder geschädigt werden – das schließt die Jagd und das Fangen von Tieren mit ein. Zusätzliche Beschränkungen gibt es in manchen Naturschutzgebieten oder Nationalparks.
  • Falls Sie noch Fragen oder Anregungen haben, falls Sie den Olavsweg bereits selbst kennengelernt haben und von Ihren Erfahrungen berichten möchten, freuen wir uns über einen Kommentar!

    Fotos: Fotolia_blas, Fotolia_Bigi Alt, Fotolia_Syda Productions, Fotolia_herrenpoint, Fotolia_Jens Ottoson, Fotolia_Sergii Mostovyi